Nicole Weniger (*1987, Innsbruck) entwickelt eine künstlerische Praxis an der Schnittstelle von Fotografie, Installation und performativer Geste. Ihre Arbeit thematisiert Fragen von Identität, Zugehörigkeit und räumlicher Orientierung und entsteht häufig in Landschaften, die sich in ökologischer, politischer oder symbolischer Transformation befinden. Ihre temporären Interventionen verbinden dokumentarische Präzision mit erzählerischer Offenheit.
Im Rahmen des europäischen Projekts Magic Carpets wurde Nicole für ein Artist-in-Residence-Programm in Guimarães, Portugal, ausgewählt. Dieses fand im thematischen Rahmen „CYCLES – Renewing Flows, a Landscape in Motion“ statt und widmete sich der Vielfalt und kontinuierlichen Transformation des Textilterritoriums von Guimarães und dem Ave-Tal. Vom 29. Juni bis 31. Juli 2025 arbeitete sie dort gemeinsam mit den Künstler:innen Rio Drop (Schweden) und Ludgero Almeida (Portugal) unter der Kuratierung von Cláudia Melo (Assistenz: Luísa Abreu und Ana Leandro). Gemeinsam entwickelten sie kollaborative Projekte mit lokalen Gemeinschaften, um das textile Know-how zu integrieren, zu dokumentieren und wertzuschätzen — mit einem besonderen Fokus auf Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und die Wiederbelebung traditioneller Techniken.
Textilien erscheinen in Wenigers Werk als Hüllen, Spuren oder Überreste — kulturell codiert und zugleich offen für neue Interpretationen. Ihre künstlerische Reise führte sie von Gletschern zum Toten Meer, von Wüsten bis nach Guimarães im Norden Portugals — eine Stadt, die tief mit der Textilindustrie verbunden ist. Anfang des Jahres arbeitete Weniger in der Atacama-Wüste in Chile an Fotografien der weltweit größten Mülldeponien für Fast-Fashion-Bekleidung — Berge ungetragener Kleidung, ein Friedhof von Textilien.
In Guimarães richtete sie ihren Blick auf die Hände der Textilarbeiter:innen — darauf, wie sie Materialien berühren, Fäden verbinden, Stoffe schneiden und die Qualität durch direkten Kontakt prüfen. Dieser intime Fokus wurde zu einer Hommage an die taktile Verbindung zwischen den Händen der Arbeiter:innen und den Stoffen.
Während ihrer Residency arbeitete Weniger mit Fotografien, die in der Gemeinschaft Santa Casa da Misericórdia de Guimarães sowie in lokalen Textilfabriken entstanden. In Zusammenarbeit mit ehemaligen Fabrikarbeiter:innen erforschte sie deren verkörpertes Wissen: die Gesten, Griffe und Arbeitsschritte, die ihren Beruf prägten. Sie bat sie, ihre liebsten und unbeliebtesten Tätigkeiten zu erinnern, und schuf so ein gemeinsames Archiv von Körpererinnerungen. Aus diesen Bewegungsfragmenten komponierte sie neue Gesten — mit lesbaren und nicht lesbaren Bedeutungen — offen für neue Ebenen der Interpretation und Verbindung.
Die Residency in Guimarães wurde kuratiert von Cláudia Melo, mit Assistenz von Luísa Abreu und Ana Leandro.
Vorschlag der österreichischen Kuratorin / Künstlerinnen Selektion und Nominierung: Danijela Oberhofer Tonković, Assistenz: Brigitte Egger.
Danke, Nicole, fürs Dabeisein! Und ein großes Dankeschön an Ideas Emergentes / Contextile Biennale – mit dem visionären Joaquim Pinheiro und der großartigen Kuratorin Claudia Melo – für euer Vertrauen und die Einladung, unsere Künstler:innen nach Portugal zu bringen und ihre Arbeiten dort entstehen und sichtbar werden zu lassen.
📸 Credits: Ivo Rainha und Joaquim Pinheiro
In Österreich wird Magic Carpets von einer Zusammenarbeit zwischen Openspace Innsbruck (Wilten) und der unabhängigen Kuratorin und Kulturmanagerin Danijela Oberhofer Tonković geleitet. Gemeinsam fördern sie Möglichkeiten für lokale Künstler:innen und die breitere Kulturlandschaft — und bieten eine Plattform für internationalen Austausch, künstlerisches Experimentieren, kritische Reflexion, Produktion und öffentliche Präsentation. Das Projekt wird kofinanziert durch das Creative Europe Programme mit Unterstützung der Stadt Innsbruck, des Landes Tirol und des Bundesministeriums für Kunst und Kultur.