Gina Disobey ist eine in Österreich lebende afro-italienische multidisziplinäre Künstlerin, Kulturpraktikerin und Jugendarbeiterin mit starkem Fokus auf Intersektionalität. Ihre künstlerische Praxis erforscht Themen wie Identität, Heilung und Empowerment. Seit ihrem Umzug nach Innsbruck im Jahr 2005, um Architektur zu studieren, leitet sie seit einigen Jahren Kunst- und Kulturprojekte für sozialen Wandel in engem Austausch mit lokalen Communities, Institutionen und Grassroot-Bewegungen.
Im Rahmen des EU-Projekts Magic Carpets wurde Gina für das Artist in Residence-Programm der OpenArt Biennale in Örebro, Schweden, ausgewählt. Im Mai und Juni 2025 arbeitete sie dort gemeinsam mit dem lokalen Künstler Johan Ibrahim Adam unter der Kuratierung von Sofia Gustafsson.
Gleich in der ersten Woche organisierte Gina in Kooperation mit der Jugendeinrichtung Ung Arena einen zweitägigen Workshop. Ung Arena unterstützt junge Menschen, die ihre Sekundarschulausbildung nicht begonnen oder abgeschlossen haben und derzeit keine Arbeit haben. Für viele der Teilnehmenden war es das erste Mal, gemeinsam in einem solchen kreativen Rahmen zu arbeiten. Der Workshop führte in die Grundlagen des Siebdrucks ein — mit einer unkonventionellen Abwandlung: Anstelle klassischer Rahmen wurden Stickrahmen als Druckwerkzeuge eingesetzt. Die Offenheit, Begeisterung und kreative Energie der Gruppe machten dieses Erlebnis besonders bereichernd.
Das zentrale Ergebnis der Residency ist ein ortsbezogenes skulpturales Konzept für die nächste Ausgabe der OpenArt 2026 — ein öffentliches Kunstwerk, das auf persönlicher und kollektiver Reflexion basiert. Gina entwickelte sowohl 2D- als auch 3D-Digitalmodelle sowie ein physisches Modell aus Papier und Schaumstoff. Während des gesamten Prozesses trat sie in Dialog mit unterschiedlichen Bürger:innen von Örebro und erforschte die Verbindung zwischen lokalen Gemeinschaften und den Lebensrealitäten von Migrant:innen. Dieser fortlaufende Austausch prägte die endgültige Vision, unterstützt vom erfahrenen Team der OpenArt-Werkstatt.
Die Idee entsprang einem lebendigen Traum: Ein Mädchen zieht einen riesigen Elefanten durch eine kleine Tür in einen Raum. In Ginas Arbeit steht der Elefant als Metapher für das persönliche und kollektive Gepäck, das wir mit uns tragen — unsere Geschichten, Erfahrungen und die Art, wie andere uns wahrnehmen. Der Bogen symbolisiert die Möglichkeit des Unmöglichen und den Mut zum Handeln, während Spiegeloberflächen zur Selbstreflexion anregen: Welche Lasten tragen wir? Was können wir loslassen? Auf den ersten Blick mag das Werk unpolitisch wirken, doch für Gina ist Selbstreflexion zutiefst politisch: Das Persönliche ist politisch.
Während ihrer Recherche fand Gina große inhaltliche Nähe zur schwedischen Dokumentation „A Swedish Elephant“(2018), die sich mit Migrations- und Flüchtlingspolitik auseinandersetzt. Deren Themen spiegeln ihre eigene Vision wider — einen offenen Raum zu schaffen, der nicht nur mein Raum, sondern auch dein Raum und unser Raum ist. In der Vorbereitung auf 2026 möchte sie weiterhin Möglichkeiten zur Einbindung der Community entwickeln, etwa durch Performances, Kooperationen mit lokalen Jugendlichen der Ung Arena oder öffentliche Gespräche mit Bürger:innen und Entscheidungsträger:innen.
Das Werk wird 2026 im öffentlichen Raum von Örebro im Rahmen der OpenArt Biennale präsentiert. Wir sind stolz, Ginas künstlerische Entwicklung innerhalb des Magic Carpets-Programms zu begleiten, und dankbar unseren Partner:innen in Schweden, die die Entstehung dieses bedeutungsvollen Projekts unterstützt haben.
Die Residency in Örebro wurde kuratiert von Sofia Gustafsson mit Unterstützung von Felicia Bjärmark.
Künstlerin Selektion und Vorschlag kam von Kuratorin / Leiterin von Magic Carpets Austria für die organisation Openspace Innsbruck – Danijela Oberhofer Tonković, Assistenz: Brigitte Egger.
Aktuell befindet sich Gina in Maranola (IT), wo sie ein neues ortsspezifisches Werk für die kommende Ausgabe von Seminaria Sogninterra entwickelt – eine Kunstbiennale im öffentlichen Raum, die vom 28. bis 30. August 2025 stattfinden wird.
📸 Credits: OpenArt & Gina Disobey