Drei Tiroler Künstlerinnen auf Artist-in-Residency Reisen in Italien, Polen und Portugal: Julia Jenewein, Teresa Stillebacher und Judith Klemenc
July 7, 2023
Im Rahmen von “Magic Carpets – European Platform Project” diesen Juni und Juli hat openspace.innsbruck die beiden ukrainischen Künstler:innen Yulia Kostereva und Yuriy Kruchak mit ihrer Plattform “Open Place” für eine vierwöchige Artist-in-Residence nach Innsbruck eingeladen. Während ihres Aufenthalts werden die beiden Künstler:innen, gemeinsam mit lokalen Partner:innen, Gemeinschaften und Künstlerinnen am Thema “Common Landscape” arbeiten. Im Zuge dessen entsteht ein Programm an Interviews und öffentlichen Workshops, der Kurs und ein Künstler:innengespräch während der “Kunstraum Innsbruck” “Summer School” sowie eine ortsspezifische Installation als Präsentation ihres Innsbrucker Prozesses. Vor einer Woche haben wir ein lokales Künstlerduo ins Magic Carpets eingeladen – Juri Velt und Johannes Reisigl , um ein Projekt durch ihre Ansicht der “gemeinsamen Landschaft” zu entwickeln. Es ist etwas ganz Besonderes, Teil der Atmosphäre im Open Space zu sein, die sich in horizontalem Austausch, Reflexion und inspirierendem Lernen widerspiegelt.

Neben dem Aufenthalt internationaler Künstler:innen in Innsbruck ist es openspace.innsbruck gelungen, lokalen Künstler:innen Möglichkeiten für internationale Mobilität zu bieten.

In den kommenden Monaten werden so drei Tiroler Künstlerinnen zu Auslandsaufenthalten innerhalb Magic Carpets Artist-in-Residncy aufbrechen:

• Julia Jenewein nach Rom, Italien – eingeladen von “Latuítudo Art Projects”
• Teresa Stillebacher nach Wrocław, Polen – eingeladen von “Wrocławski Instytut Kultury”
• Judith Klemenc nach Guimaraes, Portugal – eingeladen von “Ideas Emergentes” / “Contextile Biennial” in Guimaraes

Judith Klemenc (ist grade im Portugal)
Ideas Emergentes (Guimaraes, Portugal)
Juni bis August 2023

www.judithklemenc.at
www.ideiasemergentes.pt

Biografie

Judith Klemenc ist Autor*in, Künstler*in und Universitätsassistentin in Innsbruck/Berlin. In ihrer Arbeit setzt sie sich intensiv mit dem wirklichkeitsstiftenden und transformatorischen Potential von Bewegung auseinander. Entlang der subtilen Differenzlinien zwischen Körper, Leiblichkeit und Sprache ist es immer wieder die Frage der soziale Anrufung, die Genese von Leiblichkeit, die zur Disposition steht. Theoretische und künstlerische Auseinandersetzung mündet in eine ästhetische/aisthetische und umso transformativere FormenSprache. Darin zeigt sich wesentlich die Handschrift Klemencs: Kritik an bild- und sprachimmanenten Strukturen von gesellschaftspolitischer Gewalt findet nie von außen statt, sondern regt sich immer schon inmitten der Verhältnisse. Ihre Arbeit bleibt nicht bei der Kritik stehen, sondern vermag es bereits, neue Assoziationen zu mobilisieren und menschenwürdige Reflexionsräume zu eröffnen. Ein ethisch-ästhetischer/aisthetischer Anspruch wird somit zentral: die Anerkennung aller* Menschen in ihren unterschiedlichen Verletzbarkeiten.
Verletzbarkeiten.

Thema: Threading along vulnerable spaces (FädenLegen entlang verletzbare Räume)

Auf den Kontext von Guimarães und seine reiche Geschichte von Textilkulturen und Töpferpraktiken reagierend, möchte Judith Klemenc die formalen und konzeptionellen Beziehungen zwischen den beiden Medien reflektieren. Darauf aufbauend wird sie, gemeinsam mit der lokalen Community, eine Reihe von Arbeiten entwickeln, die am Ende ihres Aufenthalts in einer Ausstellung präsentiert werden.

“Es sind ErinnerungsFäden, die neue und andere (Lebens)Muster auf Fliesen eröffnen als auf jene, die jedes historische Haus in Guimaraes kleiden. Es sind selbstgemachte Fliesen gestaltet mit den Händen von den Menschen, die teilweise unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in Textilfabriken arbeiteten: Ein FadenLegen zu einer sprachlosen Geschichte..
Die Säulen der 400 qm großen Ausstellungshalle in Guimaraes werden mit den FadenFliesen ummantelt. Ein Mantel, der wortlos auf einen unsichtbargemachten Faden der historischen Stadt auftut.
Es sind ErinnerungsStoffe, die neue und andere (Lebens)Räume in dem Ausstellungsraum eröffnen. Es sind selbstgestaltete Räume kreiert mit den produzierten Stoffen der Textilfabrik: Verletzbare Räume.
Die Ausstellungshalle wird mit den VerletzbarkeitenRäumen durchbrochen. Ein Hinein-, Hinaus und Durchgehen … Ein Tanzen … zwischen den Säulen, um die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft in einem respektvollen Mit- und Untereinander lebendig zu halten. Ein Tanzen, das sich zur Eröffnung in einer Performance zeigen wird.“ — Judith Klemenc


Julia Jenewein (startet ihre Reise schon am 7. Juli)
Latitudo Art Projects (Rom, Italien)
Juli bis September 2023

www.juliajenewein.com
www.latitudo.net

Biografie

Julia Jenewein ist Theaterregisseurin, Performancekünstlerin und Kulturarbeiterin aus Innsbruck, Österreich. In ihrer Arbeit inszeniert sie vor allem zeitgenössische Theaterstücke, schreibt und kreiert aber parallel dazu auch Performances mit einer Vision von Theater, die “liebevoll, kritisch, wach und feministisch” ist. Sie liebt es, verschiedene Künste und Künstler:innen zu vereinen und diese gemeinsam auftreten zu lassen, um Theater zu einer lebendigen und gelebten Erfahrung zu machen.

Thema: Aeneas Mythos

In Zusammenarbeit mit dem italienischen Künstler Filippo Riniolo wird Julia Jenewein eine Reihe von Druck-, Collage- und Theaterworkshops mit Kindern und Jugendlichen durchführen, in denen Masken und performative Aktionen entstehen.

„Gemeinsam mit dem italienischen Künstler Filippo Rinioli werde ich, in fünf unterschiedlichen römischen Stadtteilen (Corviale, Trullo, Labaro, Laurentino und Tufello), dazu Workshops für Kinder im Alter von 6-10 Jahren abhalten. Filippo und ich haben uns dazu entschieden, den jeweiligen Orten passende Gottheiten zuzuteilen und mit den Kindern den Aeneas Mythos, den Entstehungsmythos Roms, neu zu interpretieren und sozusagen ein „zeitgemäßes“, individuelles Rom zu erschaffen. Dafür werden wir in Kooperation Masken, evt. auch Kostüme und Requisiten basteln als auch, mithilfe von Rollenspiel- und Performancetechniken eine Abschlussaufführung inszenieren.“— Julia Jenewein

Teresa Stillebacher
Wrocławski Instytut Kultury (Wrocław, Polen)
September bis October 2023

www.teresastillebacher.eu
www.instytutkultury.pl

Biografie

Teresa Stillebacher studierte Architektur in Innsbruck. Ihre interdisziplinäre Praxis bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Architektur, Kunstperformance und Interventionen im öffentlichen Raum. Sie lebt und arbeitet in Innsbruck und Wien und hat seit 2018 ihr eigenes Studio (www.teresastillebacher.eu), mit dem sie gemeinsam mit Lino Lanzmaier Projekte in verschiedenen Bereichen der Architektur, von der Innenraum- bis zur Stadtraumgestaltung, entwickelt und umsetzt. Sie ist Senior Scientist am /studio3 – Institut für experimentelle Architektur in Innsbruck, wo ihr Forschungsschwerpunkt auf multidisziplinären 1:1 design build Projekten liegt.

Thema: La grande bouffe

Gemeinsam mit dem Innsbrucker Kollektiv “Aesthetic Athletics” und Einwohner:innen von Wrocław plant Teresa Stillebacher die Realisierung einer räumlichen Intervention in Form einer offenen Küche im öffentlichen Raum.

“Der Plan ist, die Bewohner:innen von Wrocław zu ermutigen, gemeinsam zu bauen sowie Essgewohnheiten, lokale und ausländische Rezepte auszutauschen. Jeder und jede, der/die mitmacht, ist eingeladen, mit seinen/ihren Rezepten zu einem großes Buch beizutragen, das durch Dokumentation der Performance-Events in verschiedenen Medien, wie beispielsweise gesammelte Zeichnungen, Fotos, Texte oder photogrammetrische Flächenscans der Landschaften, ergänzt wird. Ein Gericht funktioniert nicht ohne seine verschiedenen Zutaten, von denen jede ihren Teil beiträgt. Ein Tisch funktioniert nicht ohne das Miteinander. Allein zu essen macht keinen Spaß. Noch weniger, wenn man nur für sich selbst kocht. Keiner bekommt wohl eine Tomate an den Kopf, wer näht jemandem den Finger an, wenn man ihn abschneidet, und das große Fragezeichen: Wer versalzt eigentlich die Suppe, wenn man nicht verliebt ist? Jeder und jede ist eingeladen, jeder und jeder darf abwesend sein. Vielleicht bekommen wir einen Michelin- Stern oder wir kotzen – Hauptsache, wir machen es gemeinsam.”
— Teresa Stillebacer

„Magic Carpets“ ist eine “Creative Europe”-Plattform, die 16 europäische Kultureinrichtungen vereint, die aufstrebenden Künstler*innen die Möglichkeit bieten, auf internationale Reisen zu gehen und gemeinsam mit lokalen Künstler*innen und lokalen Communities neue Werke zu schaffen, die lokale Besonderheiten hervorheben und den Mangel an Narrationen in der modernen Gesellschaft ausgleichen, indem sie die kulturelle Zugänglichkeit, den kulturellen Aktivismus und die Partizipation fördern. Das Projekt „Magic Carpets“ wird von der EU im Rahmen des Programms „Creative Europe“ gefördert, von openspace.innsbruck in Österreich durchgeführt und von der Stadt Innsbruck, dem Land Tirol und dem Bundesministerium für Kunst, Kultur, Öffentlichen Dienst und Sport unterstützt.

Organisation: openspace.innsbruck
Magic Carpets Austria Kuratorin/ Projekt Leiterin : Danijela Oberhofer Tonkovic
Projekt managing partner: Charly Walter

Links:
openspace.innsbruck: com https://www.instagram.com/openspace.innsbruck
Magic Carpets Austria: www.magiccarpets.at
Magic Carpets: www.magiccarpets.eu
Kunstraum Innsbruck Summer School: https://www.kunstraum-innsbruck.at/termine/common_landscape
Open Place (Yulia Kostereva and Yuriy Kruchak): www.openplace.com.ua/en